Raphaels Gesundheit scheint sich wieder zu berappeln. Das Wetter auf den ersten Blick auch. Fast hätten wir die Entscheidung, heute noch einen Tag im Trockenen zu verweilen bereut, aber dann fing es zum Glück gegen Mittag wieder an zu regnen und wir waren froh nicht draußen sein zu müssen. So sitzen wir heute noch hier fest, dadurch konnte der Kollege sich ordentlich ausschlafen und schwitzen und ich fand endlich mal die nötige Ruhe Fussels Fell beim Wachsen zuzusehen.
So ein Automatenhotel ist an sich eine feine Sache, aber das Wichtigste fehlt und es stellt sich mir die Frage: "Hotels ohne Minibar, ist das eigentlich legal?" Da brauchen wir unbedingt ein europäisches Gesetz gegen. Wir haben dann aber an dem Fitnessprogramm teilgenommen, was vom Haus angeboten wird: Man muß vor der Tür rauchen – so hatten wir wenigstens etwas Bewegung.
Die restliche Zeit verbrachten wir mit Recherchen über die uns noch bevorstehende Strecke hier in Frankreich und fanden heraus, daß der Weg bis Bordeaux fast ausschließlich an der Bundesstraße entlanggeht. In den Pilgerforen im Internet wurde diese Route als Hauptweg angepriesen, zumindest bis zum 14ten Jahrhundert. Es gibt hier so gut wie keine Feld- oder Waldwege, wie ich das aus unserer Gegend kennen. Auch Rad- oder Fußwege, scheinen in Frankreich eher selten zu sein. Im Internet finden sich kaum Erfahrungsberichte, es wird lediglich beschrieben, daß der Weg je nach Distrikt unterschiedlich erschlossen ist. Das haben wir inzwischen selbst festgestellt.
Wir dachten kurz über Mallorca als Alternative nach, beschlossen aber dann die Herausforderung anzunehmen und morgen früh erstmal loszumarschieren und dann schaun wia ma', wie Raphael zu sagen pflegt. Auf jeden Fall werde ich dem Organisator der Reise gleich morgen einen bitterbösen Brief schicken und ihn mir dann zu Hause durchlesen und zu Herzen nehmen.
Gegen Abend zeigte der gute Thor dann, daß er für sein Alter noch ganz gut gewittern kann und bestätigte damit unsere Entscheidung, heute noch im Warmen zu übernachten und nicht das Risiko einer Outdoor-Übernachtung eingegangen zu sein, als richtig.
Nun noch ein kleiner Nachtrag zu Chartres. Die gebildeten Leser aus dem Norden kennen doch alle Rollo den Wikinger und den noch gebildeteren ist die Geschichte von seiner Taufe geläufig, wenn nicht, dann hört Euch das Lied "Rollos Taufe" von der Gruppe Torfrock an. Ich habe heute Nachmittag eine Doku über die Kathedrale von Chartres auf YouTube gesehen, in der berichtet wurde, daß ein Normannen-Häuptling namens Rollo beim Anblick der Kathedrale seinen geplanten Angriff abgebrochen und sich zum Christentum bekehrt hat.
Wenigstens müssen wir nur noch 24 mal schlafen und dann …
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