Donnerstag, 18. April 2013

"Ich red doch nicht mit denen"

"Solange kein Pferd drin ist" …
Einkaufen, da tut Mann sich oft schwer sagt man, das mag zutreffen auf wen auch immer, auf mich jedenfalls nicht. Ich geh in den Supermarkt, in den ich immer gehe, das steht das, was ich kaufen will immer da, wo es immer steht und fertig ist der Lack. In fremden Städten geh ich in einen von den Märkten, die bundesweit gleich sortiert sind und alles ist gut. Ich krieg' alles, was ich brauch', muß mit keinem da reden und bin schnell wieder zu Haus.
Wer nun meint, daß ich mich eintönig ernähre, der irrt an dieser Stelle gewaltig. Man glaubt gar nicht, wie oft so Märkte umsortiert werden, dann stehen auf einmal an den Stellen, zu denen ich immer gehe eben nicht mehr die Dinge, die da immer stehen. Aber bevor ich jemanden frage, wo denn das geblieben ist, was da sonst immer steht, probier ich halt mal was Neues aus.
Hier in Frankreich funktioniert das so leider nicht. Hätte ich stoisch diese Methode in dem ersten Supermarkt, den ich hier betrat angewandt, wäre ich am Abend zwar sehr gut riechend betrunken gewesen aber immer noch hungrig.
"So ein Mist, jetzt artet das hier aber in mehr Survival als geplant aus", dachte ich bei mir. Du mußt hier mit jemandem reden, womöglich auch noch in französisch. Du brauchst eine Strategie, einen Plan. Regen, Kälte, Wind und sonstige Katastrophen sind zu meistern, aber im Supermarkt mit denen reden?
- Ich weiß Jan, Du verstehst mich! -
Zum Glück hatte ich die Lösung sofort parat."Ach Raphael, willst Du nicht eben da reingehen? Der Hund wartet nicht gern' ohne mich! Und wenn Du schon mal drin bist, dann könntest du mir einfach was mitbringen" Das klappte bis heut Morgen, da war es soweit. "Heude", er ist Schwabe, geh du mal vor, ich bleib beim Fussel und rauch noch eine. "Irgendwann packt der Jakobsweg jeden bei seinen Urängsten", ging es mir durch den Kopf, als ich den Supermarkt betrat. Zuerst einmal überall durchgehen, Lage sondieren und vielleicht finde ich ja von selbst, was ich suche. Auch bei der dritten Runde war ich davon noch überzeugt. Das Hauptroblem hier ist, daß die Sachen einfach schlecht beschriftet sind, in allen möglichen Sprachen nur nicht in Deutsch oder Englisch. Vielleicht doch mal jemanden fragen, kam mir kurz in den Sinn. Zu gewagt, wofür gibt's Bilder? Auf der einen Flasche im Kühlregal war eine Kuh aufgedruckt. Milch hatte ich eh’ auf dem Zettel, die Nudeln konnte ich selbst ohne Bild auf der Packung identifizieren und das gemalte Schwein mit der Kochmütze auf dem Kopf und einer Schüssel Gulasch im Arm, welches auf der Banderole einer Konservendose abgebildet war, lächelte mich so nett an, daß mir sofort klar, mein Mittag ist in nur vierzig Minuten mal eben komplett zusammengesucht, ohne ein Wort gewechselt zu haben.
Auf dem Weg zur Kasse noch schnell ein Baguette und Wasser mitgenommen, das findet man hier immer ohne Hilfe und dann schnell ab in den Wald, Essen kochen. Nun sitz ich hier trink meinen Liter Sahne und versuch die lauwarmen Nudeln mit dem von dem lächelnden Schwein so angepriesenen fleischhaltigen Doseninhalt zu verzehren. Was stand nochmal auf der Dose?
Hoffentlich heißt "pour chien" nicht, daß da was vom Pferd oder so drin ist.

Ein Königreich für 'nen Grog
Es geht auf zwei Grad zu, der Wind frischt auf und schon wieder ein Anfängerfehler. Wir haben Wasser, wir könnten es auch erhitzen, Zucker ist noch im Rucksack aber es gibt weit und breit kein Rum! Ist das eines dieser Zeichen, von denen alle sagen, daß sie einem auf dem Weg begegnen? Soll es uns sagen, daß wir alles mit haben, was mit kann oder darf, aber nix mit haben, was mit muß? (Für die nicht Norddeutschen:"Wasser kann, Zucker darf, Rum muß!" Ist das Rezept für unser Nationalgetränk)
Was haben wir noch vergessen?
"Du mußt auf dem Weg auf jede Kleinigkeit achten, die ungewöhnlich ist, Sie könnte ein Hinweis auf was ganz Großes sein.", gaben mir so viele Leute mit auf den Weg und Sie haben recht, ich weiß das aus Erfahrung. Aber das ist kein Hinweis mehr, das ist in meinen Augen eher ein Wink mit dem Zaunpfahl und zwar einem richtig Großen, der einem dabei noch vor den Kopf geschlagen wird. Ist das die Bestätigung dafür, daß wir heute beschlossen haben, die Sachen, die man mitnehmen kann aber nicht muß, nach Hause zu schicken? Das mag eine Erklärung sein, es verrät uns aber immer noch nicht, was wir elementares nicht bedacht haben. Nun, werden jetzt viele sagen, das kann ja nichts Schlimmes mehr sein, denn was könnte schlimmer sein, als den Rum zu vergessen?
Genau, ihn nicht vergessen zu haben, sondern bewusst nicht mitgenommen zu haben. Gewicht sparen, zu Gunsten von Wasser und Zucker...
Wo soll das noch hinführen frag ich mich, was nehm ich demnächst bewußt nicht mit? Meinen Tabak?
Ich gebe zu, da fällt mir auch nix mehr ein.
Raphael hat gerade die ganzen Tiere auf dem Boden studiert und gezählt. (glaubt mir einfach, ohne Rum sind das ganz schön viele und dabei doch sehr Verschiedene, vor Allem der Anzahl der Beine nach)
Nun liegt er im Zelt, hat den Reißverschluss zugezogen, das Pfefferspray griffbereit und ich sitz hier nun, allein bei 2℃, in einem kalten, dunklen Wald mit meinem Hund auf dem Schoß und erst jetzt wird mir das volle Ausmaß, der – ich möchte es doch Katastrophe nennen – Rumeinspargeschichte bewußt.
Lehre für Heute: Ich werde nie wieder vergessen, was muß!

3 Kommentare:

  1. So, hab bis eben alles gelesen - das waren ja fast zwei Stunden. Sehr schön. Jetzt ist mir auch dein derzeitiger Standort klar geworden. Warum sollte (es) auch einfach oder nichts kaputt "gehen" :-) Südlich von Paris kann ich auch nicht wirklich mehr mit Pennplätzen dienen... Ich mach dann morgen mal die halbe Strecke in 8 Stunden...
    P.S.: Im Supermarkt das kaufen, was die meisten in ihren Körben haben. Brauch man auch nicht lang oder überhaupt nicht schnacken! Auch wenns kein Rum ist :-(
    e viva k.

    AntwortenLöschen
  2. Wenn die Leute das bereits in ihren Körben haben, hilft mir das gar nix, ich weiß dann ja immer noch nicht, wo Sie es her haben...

    AntwortenLöschen
  3. einfach der Hausmuddi hinter her laufen, ranpierschen, unentdeckt bleiben und dann ... ach schade - war doch nur Nahrungsergänzungsmittel und kein Milchpulver

    AntwortenLöschen

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...

Printfriendly