Im nächsten Leben werde ich ein kleiner Hund!

Das Wetter ist immer noch mies, aber es regnet nicht mehr ganz so viel, wie gestern. Dafür ist die Stimmung etwas gedrückt. Für Raphael und mich geht es langsam in den Endspurt der Reise und es wird langsam Zeit, sich Gedanken über die Form der Heimreise zu machen. 

Das ist schon ein komischer Gedanke, da es noch ca 600 Kilometer bis zum Meer sind, aber man muß den Tatsachen ins Auge sehen, der Großteil des Weges liegt hinter uns und wir sind jetzt schon mehr gelaufen als alle, die von St. Jean Pied de Port bis Santiago laufen, auf ihrer gesamten Pilgerreise laufen werden.

Im nächsten Leben werde ich übrigens ein kleiner Hund und dann gehe ich den Jakobsweg, da ist alles einfacher. Man wird von jedem gefüttert, wenn man ein Mädchen nett findet, springt man ihr einfach auf den Schoß und leckt ihr nach Belieben im Gesicht rum. Wenn ich das versuche, krieg ich eine gescheuert, der Hund hingegen wird zur Belohnung gekrauelt. Will ich mal gekrauelt werden, muß ich vorher jede Menge Komplimente machen und sie zum Essen oder ins Kino ausführen. Der Hund hat es da wesentlich einfacher. Er kann sich benehmen, wie die Axt im Walde, guckt dann einfach ein bißchen niedlich und erhält jede Menge Liebkosungen und Leckerlis dafür.

Auch um ein Obdach muß er sich keine Sorgen machen, es findet sich immer jemand, der sie mit in den Schlafsack nimmt. Auch das Glück hab ich nicht, egal wie sehr ich auch versuche mit meinem Dackelblick Eindruck zu schinden. Mit meiner Körpergröße von 2 Metern, bin ich einfach zu sperrig. Auch kann Fussel dreckig sein und stinken wie sie will, einer knuddelt sie immer. Ich kann mich reinigen und das teuerste Deo auflegen, wer wird geistreichelt? Natürlich der stinkende Hund. 

Bin ich dann mal soweit gekommen, daß ich mit einer hübschen Dame Seite an Seite sitze und denke, gleich geht's los, dann springt Fussel dazwischen und schmiegt sich so inbrünstig an die Lady ran, daß ich sobums vergessen bin und wieder mit Raphael Wein trinken muß. Mit dem Vieh an meiner Seite, ist mein Schicksal als ewiger Junggesell so gut wie besiegelt. Aber das sei nur so nebenbei erwähnt.

Der Weg verändert sich langsam. Es ist nicht mehr so gebirgig und es läuft sich alles wesentlich einfacher als noch vor ein paar Tagen.

Gegen Abend erreichten wir Castrojeriz und die Herberge war natürlich wieder komplett voll. Aber Paola schaffte es mit ihrem einzigartigen Charme für uns ein Plätzchen in einer Gymnastikhalle klar zu machen. Das war wieder mal perfekt – eine ganze Halle mit Matratzen und separatem Bad nur für uns und das wieder mal nur gegen Spende. Mein Glück war perfekt, als ich den amerikanischen Gitarristen aus der Herberge in Grañon wiedertraf und wir am Abend wieder ein bißchen vor der Herberge musizieren konnten. Morgen will er sich uns anschließen, denn er hat die Nase voll von dem Rumgerenne am frühen Morgen.