Irgendwas ist ja immer.

So lässt sich das Pilgern aushalten. In unserer privaten Zeltherberge ganz allein irgendwo auf einer Wiese in den Bergen hinter El Acebo gab es keine Racingpilger oder bekloppte Radfahrer, die uns am Morgen terrorisieren konnten. Lediglich ein paar Ameisen und Mücken kamen auf einen Besuch vorbei.

Aber ganz ehrlich: an die diversen Viecher um mich rum hab ich mich längst gewöhnt und auch das Bellen und Heulen der wilden Hunde in der Nacht beunruhigt mich überhaupt nicht mehr. Das Schlafen nur mit der Isomatte auf dem Boden ist zur Gewohnheit geworden und die frische Luft in der Nacht entschädigt für Vieles. Die erste Nacht zu Hause in meinem eigenen Bett wird bestimmt merkwürdig, wahrscheinlich zieh ich mitten in der Nacht auf den Balkon um, damit ich mich ein bischen heimisch fühle.
Wir schliefen entspannt aus und packten dann unseren Hausstand zusammen. Inzwischen sind wir darin ein eingespieltes Team. Danach ging es weiter die Berge hinab –– und die Sonne knallte von oben. Ein kleiner Regenschauer wäre jetzt sehr erfrischend gewesen, aber irgendwas ist ja immer.

Vorgestern habe ich mit Raphael gechattet, er war gebeutelt von einem Wechselbad der Gefühle. Eine Herberge hatte er gefunden, in der er draußen schlafen konnte und zu seinem großen Glück stand im Garten der Herberge ein Bierautomat. Aber wie wir wissen ist das Schlimmste, wenn das Bier alle ist. Das zweitschlimmste ist, wenn das Bier warm ist. Das drittschlimmste ist Kölsch trinken zu müssen. Das viertschlimmste ist, neben einem Bierautomaten zu schlafen und kein Kleingeld zu haben, was in der logischen Konsequenz bedeutet, daß es in diesem Moment das allerschlimmste ist. Es ist Bier da, man kann es nicht nur sehen, sondern förmlich schon schmecken, aber man kommt nicht ran. 

Der arme Kerl läuft so wacker voran und stolpert von einem Pech ins nächste. Gestern war er weitergelaufen in einen Ort, in der es eine Herberge mit Doppelzimmern gab. Wohlwissend wartete er ein Stück vor der Herberge so lange bis ein Haufen hübscher Pilgerinnen vorbeikam und schloß sich ihnen an, in der Hoffnung auf eine junge, wohlriechende Zimmergenossin. Als er in sein Zimmer kam lag da ein schnarchender und nach Alkohol stinkender 70 jähriger Mann in Unterwäsche. Aber das war noch nicht das Schlimmste, denn an diesem Tag hatte er genügend Kleingeld dabei aber die Herberge hatte keinen Bierautomaten. Irgendwas ist wie bereits erwähnt ja immer.
Wir liefen unbeirrt von Raphaels schweren Schicksalsschlägen weiter den Berg hinab und kamen an einen netten kleinen Fluß am Rande des Ortes Molinaseca über den eine alte Römerbrücke führt. Rechts und links auf den Rasenflächen neben dem Fluss genossen die Einheimischen den Sommer und erfrischten sich in dem kühlen Nass. Also deckten wir uns mit Vorräten ein und beschlossen, es ihnen gleich zu tun. Außerdem brauchten wir beide dringend eine Dusche und so ein Fluss kann den gleichen Zweck erfüllen. Also ging es ab ins Wasser und selbst Fussel mußte mit uns schwimmen gehen, was ihr sichtlich nicht wirklich schmeckte. Danach beschlossen wir einfach zur Nacht auf der Wiese zu bleiben und das Zelt gar nicht erst aufzubauen.